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08.10.2020

Neuer «Langbau» in Hauptwil macht seinem Namen alle Ehre

Arealumnutzungen sind eine grosse Herausforderung. Das Zusammenspiel von Kanton und Gemeinde mit Architekten und Investoren trägt massgeblich zu nachhaltigen Lösungen bei, wie das Beispiel des «neuen Langbaus» in Hauptwil zeigt.

Das Dorfzentrum Hauptwils wird neu be­lebt: Rund ein Jahr nach Baubeginn feierten die Eigentümer der neuen Wohnüberbau­ung im Park hinter der «Villa Rose» die Ein­weihung zusammen mit der Ortsbildkom­mission und dem Gemeinderat. Fast alle Wohnungen sind verkauft – und auch der Planungsprozess ist erfreulich verlaufen.

«Hauptwil – eine Entdeckung»
Architekt Florian Schoch von Schoch­Tavli Architekten, Frauenfeld, macht keinen Hehl daraus: «An diesem Ort zu bauen, war eine Herausforderung.» Schoch hat sie angenom­men und laut Gemeindepräsident Matthi­as Gehring «clever gelöst». Dazu beigetra­gen hat, dass sich Schoch vertieft mit der Hauptwiler Geschichte auseinanderzuset­zen begann. Heute sagt er: «Hauptwil ist eine Entdeckung.» Entdeckt hat er auf sei­nen Streifzügen durch das Dorf vor allem die markanten Reihenhäuser an der Dorfstras­se: Sie gelten als älteste Arbeiterwohnhäu­ser der Schweiz, werden wegen ihrer Bau­weise «Langbau» genannt und erhalten nun im zentralen Park in Hauptwil mit dem «neu­en Langbau» ein neuzeitliches Gegenüber. Er passe sehr gut ins Ortsbild, sagt Gehring. «Die Architekten haben die Geschichte der Arbeiterhäuser im modernen Stil wieder­belebt.» Gehring spricht von einer seriösen Grundlagenbeschaffung. Deshalb habe das Projekt rasch realisiert werden können: «Der Gestaltungsplan ging innerhalb eines Jah­res über die Bühne, das war relativ schnell.»  Das Projektteam habe sich mehrmals mit der Ortsbildkommission ausgetauscht. Weil alle offen für Veränderungen gewesen seien, sei das Projekt auch im Gemeinderat beim ers­ten Anlauf durchgekommen – ohne jegliche Auflage notabene. «Die Ortsbildkommission hat wichtige Vorarbeit geleistet.» Eine cleve­re Lösung wurde auch für die Energieversor­gung gefunden: «Unter dem Bau erstrecken sich fünf Sonden je 200 Meter in die Tiefe», betonte Gemeinderat Michael Nater. Das Besondere: Sie fördern nicht nur Erdwärme, sondern können im Sommer dank der Um­wälzpumpe auch dazu genutzt werden, das Mehrfamilienhaus leicht zu kühlen.

Für das Dorf eine Aufwertung
Architekt Florian Schoch hofft, dass das neue Mehrfamilienhaus den Bewohnerinnen und Bewohnern dank den Laubengängen eine Begegnungszone schafft, die dem dörf­lichen, parkähnlichen Charakter entspricht. Für ihn persönlich sei das ein wichtiges Pro­jekt mit einer heraufordernden Ausgangs­lage und kantonalem Referenzcharakter. Der Park als kleine Landschaftsarena sei für die ganze Gemeinde eine Aufwertung. Jede Wohnung sei dank des guten Zusam­menspiels aller Involvierten nach Süden wie auch nach Norden ausgerichtet. Das ehe­malige Gärtnerhaus wurde in Absprache mit der Denkmalpflege an der gleichen Stel­le als typengleiches Einfamilienhaus neu ge­baut und verzeichnete eine besonders hohe Nachfrage. Um all dies zu ermöglichen, habe es einen Gestaltungsplan gebraucht, bekräf­tigt Schoch: «Das brauchte zuerst aber den Mut des Investors.»

Glücksfall nach harzigem Start
Liegenschaftsexperte und Bauherr Werner Fleischmann von Fleischmann Immobilien bezeichnet es als Glücksfall, dass das zent­rale und grosse Grundstück hinter der «Villa Rose» und der Hauptstrasse aufgeteilt wer­den konnte: «Der ganze Park hinter dem alt­ehrwürdigen Herrschaftshaus anerbot sich geradezu, um ein Gesamtkonzept zu entwi­ckeln.» Doch nach der Initialzündung brauch­te es einerseits unternehmerisches Gespür und Risikobereitschaft, andererseits archi­tektonische und planerische Kompetenz und schliesslich ein Flair für die Geschichte des Dorfes. An diesem Projekt habe sich gezeigt, so Fleischmann, wie wertvoll und beschleu­nigend die intensive Abstimmung mit den Verantwortlichen von Gemeinde und Kan­ton sein kann, wenn auf die verschiedens­ten Interessen Rücksicht genommen wird. Dank guter nachbarschaftlicher Beziehun­gen, einer gelungenen architektonischen Lö­sung und der erfreulichen Zusammenarbeit auf dem Bau habe der «neue Langbau» nach einer harzigen Startphase reibungslos voran­getrieben werden können. 

Gestaltungsplan ebnet den Weg
Der Thurgauer Kantonsbaumeister Erol Do­guoglu wurde früh einbezogen und hat die Idee des Gestaltungsplans eingebracht. Da­mit wurde der Weg frei, um den Innenhof des Areals freizuhalten und dafür das Gebäu­de etwas länger als üblich zu bauen. Möglich wurde die Abweichung von der Regelbau­weise schliesslich dank kleinerer Verschie­bungen der Zonengrenzen innerhalb des Areals, wobei die Bauzone und die Freihal­tezone insgesamt gleich gross blieben. «Sol­che kleineren Anpassungen am Zonenplan sind aus meiner Erfahrung machbar, wenn sie begründet sind.» Der Kantonsbaumeis­ter beruft sich auf das kantonale Planungs­ und Baugesetz: Dieses besagt, dass man von Baureglementen abweichen kann, wenn ein besseres Siedlungsergebnis erreicht wird. Er räumt indes ein, dass es «nicht immer ei­nen Gestaltungsplan braucht, wenn es auch ohne geht». Ausschlaggebend sei ohnehin, dass nach der Erarbeitung des Gestaltungs­plans ein gutes Bauprojekt entwickelt und realisiert wird. Wichtig – so Werner Fleisch­mann – seien in solchen Fällen gesunder Menschenverstand und sachbezogene Lö­sungen: «Das ist ein gutes Beispiel für unbü­rokratische Umsetzung der kantonalen Sied­lungspolitik, wobei es auch meinerseits ein Entgegenkommen brauchte.» Gemeindeprä­sident Matthias Gehring räumt ein, dass am Anfang zwar Mehrarbeit nötig gewesen sei. «Dafür wurden aber Eckpunkte fixiert, damit man zügiger und verlässlicher planen konn­te. Die Rechtssicherheit für Grundeigentü­mer, Planer und auch die Bevölkerung war ein wichtiger Wert.» 

Die Verkaufsunterlagen zum Projekt «Rosenpark» in Hauptwil>>

    rchitekt Florian Schoch, Gemein­depräsident Matthias Gehring  und Liegenschaftsexperte Werner Fleischmann
    Michael Nater erklärte das Heiz- und Kühlsystem.
    Das Mehrfamilienhaus ist an die traditionellen Arbeiterhäuser angelehnt, die das Bild von Hauptwil prägen.
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