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18.03.2019

Immobilienmarkt Thurgau: Wohneigentum bleibt beliebt

Vor 30 Jahren herrschten auf dem Immobilienmarkt bewegte Zeiten. Zahlreiche Liegenschaften mussten versteigert werden. Daraus hat die Branche gelernt, und doch gibt es Parallelen zur heutigen Situation.

Ein Immobilienhoch und die anschliessende Krise prägten die 1990er-Jahre. Anfang der Neunziger-Jahre kam man kaum zu Bauland. Die Liegenschaftspreise explodierten. Der Immobilienmarkt war völlig ausgetrocknet. Dann jedoch wurde es für viele Hauseigentümer und Handwerker gefährlich. Reihenweise kamen Häuser und Wohnungen wegen den hohen Zinsen auf den Immobilienmarkt, die von den Eigentümern nicht mehr getragen werden konnten. Als die Blase geplatzt war, brachen die Preise ein.

Pensionskassen bauen zu viel

«Auch heute ist feststellbar, dass sich die Hauspreise seit 2001 verdoppelt haben», sagt der Thurgauer Liegenschaftsexperte und Inhaber von Fleischmann Immobilien, Werner Fleischmann: «Gerade Pensionskassen bauen zu viele Wohnungen. Besorgniserregend sind vor allem im Thurgau die aktuell hohen Leerbestände bei Mietwohnungen: Sie steigen kontinuierlich an.» Vor 30 Jahren war das ähnlich: Nach einem schweizweiten Tiefststand auf 0,43% verdreifachte sich diese Kennziffer, war damit also im Schnitt ungefähr gleich hoch wie heute, wo der Leerbestand rund 1,6 Prozent beträgt. In der Ostschweiz hat sich die Lage in den letzten Monaten zugespitzt: Der Thurgau weist einen Leerwohnungsbestand von 2,42 Prozent (Vorjahr 2 Prozent) aus, in St.Gallen sind es 2,2 Prozent. Es gelte deshalb angesichts der sich abzeichnenden Verlangsamung des Wirtschaftswachstums und der Verunsicherung der Konsumenten wachsam zu bleiben, sagt Fleischmann. Er stellt fest: «Die Zahlen belegen, dass das Risiko zu noch mehr Leerwohnungsbestand weiter zunehmen wird. In diversen Gemeinden wird es nur schwer möglich sein, die Mietwohnungen in nützlicher Frist zu vermieten. Damit ist die den Investoren vorgerechnete Rendite gar nicht realistisch.»

 Zuwanderung zu hoch gewichtet

Die positive Zuwanderung in den Thurgau, so Fleischmann, sei beim Bau von Mietwohnungen zu hoch gewichtet worden. Das Potenzial sei für längere Zeit ausgeschöpft. Er rechne deshalb mit einer Abflachung der Auftragslage in der Baubranche und nach unten tendierenden Mietpreisen. Die Neumieter wird das freuen: Denn bereits werden sie mit Gratis-Monaten und anderen Lockvogelangeboten umworben. Der Preisdruck werde ebenfalls für jene Mietwohnungen höher sei, die nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprechen, sagt Fleischmann.

Umbauen und verdichten

Er betont, dass im Thurgau noch viel Umbaupotenzial bestehe und weist auf eine anstehende Veränderung im Steuersystem hin, die es zu bedenken gelte: «Bei der jetzt noch gültigen Eigenmietwert-Besteuerung können die Renovationen noch steuerlich abgesetzt werden. Das wird bei der Abschaffung wohl entfallen. Somit werden wir eine Verlagerung in den Renovationsbereich bei Besitzern von selbstbewohnten Häusern und Eigentumswohnungen erleben. Dies wiederum wird die Baubranche stützen.» Der im Thurgau langjährig steigende Trend der Wohneigentumsquote werde, so Fleischmann, wohl wegen der weniger starken Zuwanderung etwas abflachen, aber die Quote auf hohem Niveau bleiben: Sie ist gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik seit dem Jahr 2000 von 43.3 Prozent kontinuierlich auf etwa 48 Prozent  gestiegen und liegt damit fast zehn Prozent über dem Schweizer Wert.

Aus Immobilienkrise gelernt, aber…

«Die Banken haben aus der Immobilienkrise der 1990-Jahre gelernt», ist Fleischmann überzeugt. Sie seien heute wesentlich restriktiver und müssten die bremsenden Tragbarkeitsvorschriften einhalten. Die Käufer müssten glaubhaft aufzeigen, dass sie bis zu fünf Prozent Zins bezahlen könnten. Zwischen seriösen Immobilienmaklern und Banken würden heute auch die ausgeschriebenen Preise sauber abgestimmt: «Wir haben deshalb in unserem Unternehmen das Gütesiegel ‹Preis bankgeprüft› eingeführt, das sich sehr bewährt.» Während vor 30 Jahren die Häuser zum Teil bis zu 90 Prozent belehnt wurden und Handwerker mit Bundesbürgschaften praktisch ohne Eigenkapital bauen konnten, werde heute in der Regel die Belehnungsgrenze von 80 Prozent eingehalten. Aber, so Fleischmann: «Der Hypothekarmarkt bleibt umkämpft, und deshalb könnte es für die einen oder anderen je nach Entwicklung von Konjunktur, Zinsen und Inflation doch eng werden. Es gilt, die eigene Finanzierung gut im Auge zu behalten.»

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