
GEAK: Weit mehr als ein Stück Papier
Antworten darauf liefert der GEAK, der Gebäudeenergieausweis der Kantone. Remo Thoma, GEAK-Experte, erklärt im Gespräch, warum dieser Ausweis zu einer echten Entscheidungshilfe werden kann.
Remo Thoma, wofür steht GEAK?
GEAK steht für Gebäudeenergieausweis der Kantone. Er funktioniert ähnlich wie das bekannte Energielabel bei Haushaltsgeräten, nur eben für ganze Gebäude. Bewertet werden drei zentrale Kriterien:
→ die Effizienz der Gebäudehülle (z. B. Aussenwände, Dach, Fenster)
→ die Gesamtenergieeffizienz (z. B. Heizwärmebedarf, Warmwasser, Elektro)
→ die direkten CO₂-Emissionen
Am Ende entsteht eine Energieetikette, die den energetischen Zustand des Hauses auf einen Blick sichtbar macht. Der GEAK kann bei Wohngebäuden, Verwaltungsund Schulbauten, Hotels, Verkaufsflächen, Restaurants und Mischnutzungen angewendet werden.
GEAK – warum sollte mich das interessieren?
Der GEAK, insbesondere die Variante GEAK Plus (GEAK mit Beratungsbericht), bietet eine Orientierung und faktenbasierte Entscheidungsgrundlage für Sanierungen. Eigentümerinnen und Eigentümer sehen, wo ihr Gebäude energetisch steht, und erhalten auf das Objekt und die persönliche Situation abgestimmte Sanierungsvorschläge. Kostenauswirkungen wie auch energetische Effekte können somit verglichen werden.
Ist das nicht einfach ein teures Papier fürs Archiv?
Ganz im Gegenteil. Gerade weil der GEAK auf das eigene Gebäude und die persönliche Situation zugeschnitten ist. Er verbindet ökologische Zielsetzungen mit konkreten wirtschaftlichen Vorteilen. Er zeigt beispielsweise, wie viel CO₂ ich einsparen kann, aber eben auch, wie viel Energiekosten ich dadurch jährlich spare. Gerade in einer Zeit, in der konkrete Klimaziele gesteckt sind und immer drängender werden, ist der GEAK Plus ein pragmatisches Werkzeug, um ökologisch sinnvoll und finanziell tragbar zu handeln.
Du sagst, der GEAK lohnt sich auch wirtschaftlich. Kannst du ein Beispiel nennen?
Ja, unser eigenes Einfamilienhaus. Wir hatten die Möglichkeit, in ein Einfamilienhaus aus den 1960er Jahren zu ziehen – mit guter Bausubstanz, aber in schlechtem energetischem Zustand. Durch den GEAK Plus wurde unter anderem klar: Wenn wir die Gebäudehülle vor dem Einzug sanieren, erhöht sich zwar die Hypothek – aber wir sparen gleichzeitig jährlich über 5000 Franken Energiekosten. Es war also ein Entscheid für den Wohnkomfort, die Umwelt und fürs Portemonnaie.
Und welche Sanierungsmöglichkeiten gibt es?
Im Fokus einer GEAK-Expertise stehen insbesondere energetisch relevante Bauteile: die Gebäudehülle (z. B. Aussenwände, Dach, Fenster und Boden), die Heizungsanlage, Speicherlösungen, Photovoltaik-Anlagen oder mögliche Lüftungsanlagen. Wo entsprechendes Potenzial vorhanden ist, wird durch die GEAK-Expertin oder den GEAK-Experten erläutert. Im GEAK Plus kann man sich bis zu fünf Varianten zusammenstellen lassen. Diese Varianten werden im Bericht energetisch und wirtschaftlich miteinander verglichen: Man sieht, wie viel CO₂ eingespart werden kann, wie sich der Energiebedarf verändert, welche Fördergelder erwartet werden dürfen und vor allem wie viel Energiekosten pro Jahr eingespart werden können. Dazu kommt eine Wirtschaftlichkeitsrechnung mit geschätzten Investitionskosten und steuerlichen Vorteilen. Der Bericht zeigt so sehr anschaulich, welche Massnahmen sinnvoll sind – und welche sich wirklich lohnen. Eine aussagekräftige Entscheidungsgrundlage also, die beispielsweise für eine konkrete Finanzierungsanfrage bei der Bank massgebend sein kann.
Stichwort Fördergelder: Wie funktioniert das genau?
Kurz gesagt: Wer energetisch saniert, erhält weitgehend finanzielle Unterstützung, sofern ein vollständiges Fördergesuch frühzeitig eingereicht wird. Im Kanton und in einzelnen Gemeinden gibt es dazu entsprechende Förderprogramme, die einen wichtigen Anreiz schaffen und energetische Massnahmen fördern. Zentral ist dabei die frühzeitige und vollständige Einreichung des Fördergesuchs. Dies muss zwingend vor den Abbruch- oder Installationsarbeiten geschehen. Als Genehmigung wird der Eigentümerschaft eine Förderbestätigung ausgestellt. Wer mehrere Massnahmen gleichzeitig umsetzt, kann zusätzlich von Bonuszahlungen profitieren. Es lohnt sich also, die Sanierung mehrerer Bauteile in Betracht zu ziehen, um Synergien nutzen zu können und von zusätzlichen Fördergeldern zu profitieren. Ab einem kantonalen Förderbetrag von CHF 10’000.– braucht es den GEAK Plus als Grundlage, welcher aber selbst mit bis zu 1000 Franken gefördert wird. Nach Abschluss der Sanierungsarbeiten und Einreichung der Ausführungsbestätigung werden die Fördergelder üblicherweise innert Monatsfrist ausbezahlt. Eine hilfreiche Plattform dazu ist energiefranken.ch.
Wie lange dauert der Prozess bis zum fertigen Bericht?
Der GEAK wird in etwa ein bis zwei Monaten ausgestellt. Im Rahmen eines Erstgesprächs erfolgt eine Begehung des Objekts und es werden die Bedürfnisse der Eigentümerschaft besprochen sowie Planunterlagen und Verbrauchsdaten eingeholt. Nachdem ein zertifizierter GEAK-Experte den Bericht fertiggestellt hat, wird ein Abschlussgespräch durchgeführt. Anlässlich dieser finalen Beratungsbesprechung werden die Berechnungen erläutert, die Sanierungsvarianten besprochen und eine Vorgehensempfehlung formuliert.
Was, wenn ich mich einfach mal informieren möchte?
Nebst verschiedenen Informationsveranstaltungen gibt es im Kanton Thurgau auch kostenlose Impulsberatungen, die durch die öffentlichen Energieberatungsstellen, das sogenannte «eteam» durchgeführt werden. Diese sind ideal, wenn man konkrete Ideen prüfen will (z. B. die Installation einer PV-Anlage, eine Gebäudehüllensanierung oder einen Heizungsersatz) oder generell eine erste Auslegeordnung haben möchte.
Wer sollte sich mit dem GEAK beschäftigen?
Der GEAK kann für verschiedene Akteure eine sinnvolle Grundlage sein. Sowohl Privateigentümerinnen und Privateigentümer als auch Immobiliengesellschaften, Finanzdienstleister oder Behörden können von dieser Dokumentation profitieren. Der GEAK beinhaltet zahlreiche qualifizierte Daten, mit denen eine individuelle Sanierungsstrategie erstellt und umgesetzt werden kann. Der Mehrwert einer energetischen Investition wird anhand dieses Dokuments messbar. Aufgrund der Effizienz der Gebäudehüllen und Haustechnik ist es sinnvoll, vor allem Gebäude mit Baujahr vor 2000 zu analysieren.

«Ein pragmatisches Werkzeug, um ökologisch sinnvoll und finanziell tragbar zu handeln.»
- Remo Thoma
