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11.12.2023

Was im Thurgau den Apfel mit dem Immobilienmarkt verbindet

Früchte wollen gehegt und gepflegt werden, wenn sie gedeihen und zu einem guten Marktpreis verkauft werden sollen. Genauso ist es mit Immobilien, an die insbesondere im landwirtschaftlichen Umfeld höhere Ansprüche gestellt werden.

Das hat Werner und Matthias Fleischmann motiviert, mit Benno Neff von Tobi Seeobst einen Blick auf die beiden Märkte zu werfen. Dabei haben sie noch mehr interessante Berührungspunkte ausgemacht.

«Schuster, bleib bei deinen Leisten.» Dieses Sprichwort hat sich die Tobi Seeobst AG mit Betrieben in Bischofszell und Egnach auf die Fahne geschrieben, sagt deren Geschäftsführer Benno Neff: «Wir sind darauf spezialisiert, frische Früchte zu vertreiben.» So selbstverständlich war das nicht immer in der bewegten Firmengeschichte, die eng mit der Landwirtschaft und damit auch mit bäuerlichen Liegenschaften verknüpft ist. Der einstige «Gemischtwarenladen» in Bischofszell hat sich nach einer Schieflage Ende der 1990er- Jahre auf sein jetziges Kerngeschäft fokussiert und gedeiht seither. Von dieser Fokussierung und den getätigten hohen Investitionen profitieren die Bauern in der weiteren Region, die zum Teil selber in das Unternehmen investiert haben. Damit hat Tobis Seeobst den Strukturwandel erfolgreich gemeistert.

Auf das Kerngeschäft konzentrieren
Werner Fleischmann, Inhaber von Fleischmann Immobilien, konzentriert sich seit fast 35 Jahren auf die Vermittlung von Liegenschaften. Der landwirtschaftliche Strukturwandel habe ihn schon immer dazu veranlasst, in seinem Unternehmen den Geschäftsbereich für Bauernhöfe einen hohen Stellenwert einzuräumen: «Im landwirtschaftlichen Immobiliengeschäft sind wir in unserer Region Marktführer.» Dementsprechend schätze er sich besonders glücklich, unter seinen Liegenschaftsexperten in der Person von Andreas Uhlmann auch einen aktiven Bauern zu wissen. Uhlmann als Inhaber eines Ackerund Gemüsebaubetriebs weiss, wie er seine Produkte auf den Markt bringen kann, und ist versiert, wenn es um die optimale Vermarktung landwirtschaftlicher Liegenschaften geht. Berührungspunkte mit dem Obst- und Beerenanbau gehören zu seinem Alltag.

Auswirkungen auf Bauten
«Im Obstbau braucht es je länger, desto weniger Gebäulichkeiten, da wir mit unseren Investitionen die Rationalisierung der Obst- und Beerenproduktion begünstigen», sagt Benno Neff. So betreibe sein Unternehmen für die Bauern ein grosses Kühllager und übernehme die Sortierung, Verpackung und Vermarktung. Damit einhergegangen ist die Spezialisierung und wachsende Unternehmensgrösse bei den bäuerlichen Betrieben, die mitunter von der betriebswirtschaftlichen und Sortenberatung der Tobi Seeobst AG profitieren. Matthias Fleischmann, Geschäftsleiter von Fleischmann Immobilien, wollte von Benno Neff wissen, welchen Stellenwert die Nachhaltigkeit im Obst- und Beerenmarkt geniesse. Neff stellt fest, dass «die Betriebe bei einem Generationenwechsel eher vergrössert werden, um den Fortbestand zu gewährleisten. Ausserdem sei «die Nachfrage nach Bioprodukten noch leicht steigend», was eine Chance darstelle. Aufgrund der häufiger auftretenden Extremwetterereignisse sei ein Witterungsschutz bei vielen Kulturen heute Pflicht. Dies habe allerdings Auswirkungen auf die Infrastruktur. Hagelschutznetze über Apfelplantagen oder Tunnels mit Insektenschutznetzen im Beerenanbau seien notwendig, damit die Betriebe auch künftig wirtschaftlich betrieben werden können. Leider, so Neff «wurden die Vorschriften im Laufe der Zeit immer anspruchsvoller. Praktikable Lösungen beim Bau von Hagel- oder Vogelschutznetzen ohne fixe Fundamente oder von Gewächshäusern in Form von Wandertunnels müssen darum weiterhin möglich sein.»

Land und Bauten getrennt verkaufen
Diese Entwicklung hat Einfluss auf die Vermarktung landwirtschaftlicher Liegenschaften. Im Gegensatz zur Milchwirtschaft würden im Obst- und Beerenbau keine Betriebsgemeinschaften gegründet oder -zusammenlegungen vollzogen, weiss Neff. Die veränderten Grössenverhältnisse hätten indes einerseits zur Folge, dass kleinere Höfe umgenutzt werden können. Grössere Betriebe andererseits müssten zusätzliche Unterbringungsmöglichkeiten für die saisonalen Erntehelfer schaffen, die oft aus Osteuropa kämen und nur für wenige Wochen im Einsatz seien. Denn trotz Automatisierung sei in der Obst- und Beerenproduktion immer noch viel behutsame Handarbeit erforderlich. Matthias Fleischmann zieht die Parallele zur Immobilienbranche, wo «beim Verkauf nebst der zunehmenden Digitalisierung immer noch sehr viel Fingerspitzengefühl und detaillierte Marktkenntnisse nötig sind». Er erklärt, dass die Nachfrage nach Liegenschaften, die umgenutzt werden können, weiter hoch sei. Häufig gehe es bei Veränderungen der Besitzverhältnisse für ausserlandwirtschaftliche Nutzung darum, die Haltung von Kleintieren oder Pferden zu ermöglichen.

Vertrauensbasis als Erfolgsfaktor
Die Komplexität der beiden so unterschiedlichen Märkte lässt eine weitere Schnittmenge in der Geschäftstätigkeit erkennen: die Verlässlichkeit. Zwar wird im Immobilienbereich mit Maklerverträgen ein Rahmen für die Leistungen geschaffen. Doch ohne gegenseitiges Vertrauen seien Liegenschaftsgeschäfte nicht denkbar, sagt Matthias Fleischmann. Benno Neff betont seinerseits, dass mit den meisten Lieferanten auf Vertrauensbasis, Erfahrungsschatz und ohne Ablieferungsverpflichtung zusammengearbeitet werde.

Baubewilligungen im Clinch
Werner Fleischmann wie Benno Neff bedauern, dass sie in den vergangenen Jahren zunehmend feststellen mussten, dass Baubewilligungen zu einem Hürdenlauf würden. Denn sowohl die landwirtschaftlichen Bedürfnisse als auch die Interessen bei ausserlandwirtschaftlichen Nutzungen stünden oft im Clinch mit Einsprachen, Einschränkungen in der Landwirtschaftszone oder mit dem Objektschutz. Sie wünschen sich für die Zukunft Lösungen nach Augenmass, die sinn- und massvolle Veränderungen möglich machen. Es stünden, so Neff, noch etliche Obst- und Beerenproduzenten vor einem Generationenwechsel oder einem Vergrösserungsentscheid, denn: «Der kleine Gemischtwarenladen ist auch bei den Bauern ein Auslaufmodell.»

Erfahren Sie noch mehr in der aktuellen Ausgabe des Ostschweizer Immobilienmagazins.

    Werner und Matthias Fleischmann lassen sich von Benno Neff die Sortieranlage für Äpfel erklären, die automatisch Grössen, Farben, Gewicht und Mängel erkennt und für die Bauern die detaillierten Abnahmemengen mit Preis errechnet.
    Werner und Matthias Fleischmann erörtern mit Benno Neff, was Äpfel mit Immobilien zu tun haben.
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